Fünf Jahre Offene Familienwohnung in Spandau

Fünf Jahre Offene Familienwohnung in Spandau (Foto: Johannes Schneeweiß/Gewobag)

Ein einzigartiges soziales Angebot feiert sein fünfjähriges Bestehen – und blickt in eine ungewisse Zukunft.

Ein ganz normaler Samstagvormittag im Kraepelinweg in Berlin Spandau. Ruhig steht die Hochhaussiedlung in der Morgensonne, nur auf dem Spielplatz des dazugehörigen Innenhofes schaukeln zwei Kinder. Plötzlich hält ein Transporter vor Haus Nr. 13., aus dem wenig später Biertische und die dazugehörigen Bänke geladen werden. Und dann wird auch noch eine mobile Corona-Teststation aufgebaut. Irgendetwas scheint da im Busch zu sein…

Ein paar Stunden später ist klar: Hier findet ein Hoffest statt, und zwar aus gutem Grund – die Offene Familienwohnung, die sich im Kraepelinweg 13 befindet, feiert ihr fünfjähriges Jubiläum.

2016 hat der Kinder- und Jugendhilfeträger casablanca gGmbH mit der Offenen Familienwohnung ein bislang einzigartiges Projekt auf die Beine gestellt. Unterstützung erfährt der Träger vor allem durch den Kooperationspartner Gewobag, die die Wohnung zur Verfügung stellt, außerdem steht hinter dem Projekt von Anfang an ein überaus engagiertes Netzwerk aus Jugendamt, Senatsverwaltung, Quartiersmanagement und Jobcenter. Die Wohnung ist eine ganz normale Mietswohnung. Sie dient als Ort zum Treffen und Austauschen als auch Anlaufstelle für Hilfen und Beratungen durch die pädagogischen Fachkräfte vor Ort. Nachbar*innen engagieren sich ehrenamtlich, Kinder können hier einen „normalen“ Alltag abseits von potentiellen Problemen in den eigenen vier Wänden erleben.

Inzwischen ist es 15 Uhr, das Fest ist in vollem Gange. Über den Hof verteilt gibt es Aktionen wie Entenangeln, Hennatattoos, Riesenseifenblasen oder eine Fotobox. Das Quartiersmanagement Heerstraße Nord stellt einen Stand zum Bemalen von Geschirr zur Verfügung, die Kitasozialarbeit von casablanca versorgt die Besucher mit frischem Popcorn, in kleinen Gruppen sitzen die Menschen zusammen und unterhalten sich. Es ist deutlich spürbar, wie sehr alle das Beisammensein genießen. „Die Atmosphäre ist überwältigend“, meint Dorthe Kreckel, die die Offene Familienwohnung leitet und sich vor allem mit den kleinsten Besuchern über ein lange nicht da gewesenes Highlight freut, „man merkt richtig, das sind hier gerade Kinder im Glück.“

Die positiven Auswirkungen der Offenen Familienwohnung im Kraepelinweg zeigte eine Evaluation im Jahr 2018:  Bereits nach zwei Jahren konnte die Lebensqualität in der Hochhaussiedlung gestärkt werden, die Verzahnung von Prävention und Intervention (Kinderschutzsicherung) gelang, die Einbindung der Nachbarschaft bezüglich ehrenamtlichen Engagements und der Festigung positiver Strukturen ging stetig voran. Auf dieser Grundlage konnte 2019 eine zweite Wohnung im Blasewitzer Ring (ebenfalls in Spandau) ihre Türen öffnen.

Die Angebote dienen als Paradebeispiel für eine positive Zusammenarbeit von unterschiedlichen Netzwerkpartner*innen, worüber Heidi Depil, Geschäftsführerin von casablanca, sehr glücklich ist: „Institutionsübergreifend gehen wir Herausforderungen an und tragen das Projekt gemeinsam. Indem wir verschiedene Erfahrungen und Ressourcen miteinander kombinieren, können wir Ideen verwirklichen und Probleme im Sozialraum sehr pragmatisch angehen.“ Wer sich etwas ausführlicher mit dem Konzept beschäftigt, ist schnell überzeugt von dessen Wichtigkeit. „Die Offenen Familienwohnungen sind bei uns ein Projekt mit Alleinstellungscharakter und wir sind stolz, Mitinitiatorin und Partnerin dieser außergewöhnlichen Gemeinschaftsinitiative zu sein“, so Snezana Michaelis, Vorstandsmitglied der Gewobag. „Sie leisten einen wertvollen Beitrag zum Zusammenhalt in unseren Quartieren und geben Kindern eine Perspektive. Die Offenen Familienwohnungen haben das Potenzial sowie die Notwendigkeit, repliziert und an vielen anderen Stellen etabliert zu werden.“

17.30 Uhr, das Fest geht langsam zu Ende. Die Überraschung für die Nachbarschaft war ein voller Erfolg, die insgesamt 216 Teilnehmenden werden sich an einen wunderbaren Nachmittag zurück erinnern. Das ist unter anderem den vielen Helfer*innen zu verdanken, betont Dorthe Kreckel, ohne die die Umsetzung so nicht möglich gewesen wäre. Sie und ihre Kolleg*innen freuen sich sehr über das Engagement des Quartiersmanagements, über den Besuch einiger interessierter Menschen aus Verwaltung und Politik und besonders über das Geschenk der Gewobag: Ein Gutschein für einen Street-Art-Workshop im Urban Nation Museum, an dem insgesamt 50 Kinder teilnehmen können.

Damit in Zukunft noch viele weitere Feste stattfinden können, hoffen alle Beteiligten auf eine positive Entwicklung auch im finanziellen Sinne. Denn wenn die Angebote Bestand haben sollen, sind sie dringend auf eine Weiterfinanzierung angewiesen – bestenfalls in Form einer Verstetigung.