76. Jahrestag der Novemberpogrome 1938
Das Jahr 2014 ist ein Jahr vieler Gedenktage. Vor 25 Jahren fiel die Mauer, vor 75 Jahren begann der zweite Weltkrieg und vor 100 Jahren der zweite. Ein anderes Ereignis bleibt unvergessen, weil alljährlich in Spandau am Lindenufer daran erinnert wird. Vor 76 Jahren, während der Reichspogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 wurde die Spandauer Vereinssynagoge in der Straße Lindenufer/Ecke Kammerstraße zerstört.
An der Gedenkveranstaltung werden sich der Antisemitismusbeauftragte der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Rabbiner Daniel Alter, sowie Kantor Amnon Seelig beteiligen.
Untrennbarkeit der Ereignisse
Bundespräsident Gauck betonte 2012 in einer Rede die Untrennbarkeit von Mauerfall und Pogromgedenken:
„Die Geschichten gehören zusammen. Unsere jungen Leute sollten nicht zwei konkurrierende Geschichtserzählungen verinnerlichen“, sagte Gauck bei einem Ausstellungsbesuch in Berlin. Die junge Generation dürfe einerseits niemals vergessen, was die „Nazi-Barbarei“ gemacht habe. Andererseits sollten sie auch den Mauerfall in ihr Gedenken einbeziehen: „Dieses glückliche Geschehen des 9. November 1989 gehört zu dem anderen, bitteren 9. November.“
Vereinssynagoge in Spandau
Die am 15. September 1895 vom Spandauer Oberbürgermeister Friedrich Koeltze eingeweihte Synagoge bot Platz für etwa 300 Mitglieder. Anfang der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts lebten etwa 700 jüdische Bürger in Spandau. In den 30er Jahren begann in ganz Deutschland die systematische Ausgrenzung von Juden aus dem öffentlichen Leben, die 1935, mit den Nürnberger Rassegesetzen quasi institutionalisiert wurde. Ab dem 17. August waren Juden gezwungen, auf ihren Kennkarten entweder den Namen Israel oder Sara als zusätzlichen Namen zutragen. 1938 brannten dann im ganzen Land die Synagogen. Als Vorwand wurde ein Attentat auf den deutschen Diplomaten Ernst Eduard vom Rath in Paris bemüht
In Wirklichkeit war dieser „Volkszorn“ eine wohlorganisierte Aktion gewesen. Jüdische Geschäfte und Synagogen fielen den Brandstiftern zum Opfer. In den Tagen darauf wurden rund 30.000, meist vermögende Juden festgenommen und in Konzentrationslager verschleppt – man wollte ihr Geld, um die Kriegsvorbereitungen Deutschlands bezahlen zu können.
Die Feuerwehr in Spandau hatte den Brand am Lindenufer absichtlich nicht gelöscht. Ihr Interesse lag ausschließlich darin, ein Übergreifen auf Nachbargebäude zu verhindern. Schaulustige zeigten ganz unterschiedliche Reaktionen. Offene Häme auf der einen Seite und stillschweigendes Wegschauen, auf der anderen Seite. Nicht nur die Synagoge in Spandau wurde Opfer der Gewalt. Mit Lastwagen kamen SA-Leute in die Stadt und warfen die Scheiben jüdischer Geschäfte ein. Viele Menschen in ganz Deutschland kamen dabei zu Tode.
Mahnmal für die deportierten und ermordeten Spandauer Juden
Die beiden Architekten Ruth Golan und Kay Zareh gewannen 1988 den Wettbewerb zur Gestaltung des Mahnmals in der Grünanlage am Lindenufer. Es soll an die jüdischen Opfer des Naziterrors erinnern.
Das jüdische Mahnmal in der Grünanlage am Lindenufer symbolisiert die Synagoge in Form von Baukörper und Turm, die durch die Wucht der Gewalt umgerissen wurden und nun hintereinander liegen. Im Inneren des gespaltenen Turmes leuchtet ein ewiges Licht als Zeichen des Gedenkens an die Toten. (Wikipedia)
2012 erfolgte die Erweiterung des Mahnmals. Die bekannten 115 Opfer wurden mit der Erweiterung des Mahnmals durch eine sanft ansteigende Ziegelsteinmauer ihrer Anonymität entrissen. 115 Opfer-Namen sind auf den Steinen verewigt, zwei Steine tragen die Aufschrift „Unbekannt“, um auch der anderen zu gedenken.
Leider haben Buntmetalldiebe zwischenzeitlich die Messingplatten am Fuße des Denkmals gestohlen.
Gedenkstunde am Mahnmal Lindenufer in Spandau (Höhe Kammerstraße)
Montag, 10. November 2014
10.00 Uhr
Bezirksbürgermeister Kleebank hierzu:
„Die alljährliche Gedenkstunde am Spandauer Mahnmal am Lindenufer mit Vertretern der Jüdischen Gemeinde zu Berlin ist ein wichtiger Bestandteil der Spandauer Erinnerungskultur. Ich bin erfreut, dass sich auch in diesem Jahr wieder Spandauer Jugendliche mit einem inhaltlichen Beitrag an der Gedenkstunde beteiligen. Damit wird erneut ein deutliches Zeichen gegen Antisemitismus, Rassismus und Gewalt gesetzt.“